Der Ruf von alternativen Heilmethoden, wie Akupunktur, Homöopathie und Chinesischer Medizin, ist umstritten. In einem Interview mit der Heilpraktikerin Marnie Aschpurwis haben wir sie nach ihren Ansichten befragt und dabei viel Wissenswertes über alternative Medizin erfahren.
Inhalt
Frau Aschpurwis Sie sind seit 2010 Heilpraktikerin und leiten Ihre eigene Praxis in Hamburg. Welche Haltung nehmen Sie im Streit um die Wirksamkeit von Alternativmedizin ein?
Ich verfolge seit langem die Kontroverse Homöopathie gegen westliche Schulmedizin. Hauptkritikpunkt in der Diskussion ist der fehlende wissenschaftliche Beweis über die Wirksamkeit der Homöopathie. Das mag aus Sicht eines Wissenschaftlers auch gerechtfertigt sein, doch häufig ist die Kritik gegenüber alternativen Heilmethoden mit Unwissenheit / Halbwissen und einer gewissen Portion Arroganz und Intoleranz verbunden. Ich empfinde es als sehr befremdlich, wenn sehr alten Heilmethoden wie z.B. der Chinesischen Medizin / Akupunktur eine Daseinsberechtigung abgeschrieben wird, nur weil sie den Standards der „einzig wahren“ westlichen, allgemeinen Schulmedizin, die sich ja erst viel später entwickelt hat, nicht entsprechen.
Ich wünsche mir da mehr Toleranz und Respekt gegenüber alternativen Heilmethoden und auch den Heilungserfolgen, die es ja tatsächlich gibt auch ohne wissenschaftlichen Beweis. Alternative Heilmethoden kommen ja häufig genau dann zum Einsatz, wenn die Schulmedizin nicht weiterkommt, z.B. bei psychosomatischen oder chronischen Beschwerden. Den Menschen, denen mit Homöopathie oder anderen Disziplinen geholfen werden konnte, für die ist ein wissenschaftlicher Beweis mit Sicherheit nebensächlich. Die Beliebtheit der Homöopathie spricht ja auch eine ganz andere Sprache und zeigt deutlich, dass viele Menschen offen gegenüber anderen Methoden sind.
Ich persönlich finde es wichtig, offen und tolerant gegenüber anderen Ideen, Theorien, Kulturen und Lebensweisen zu sein und diese zu respektieren. Das bezieht sich auch auf das Gesundheitswesen mitsamt seiner Vielfältigkeit.
Sind Ihre Patienten teilweise kritisch gegenüber den alternativen Therapien?
In meiner Praxis habe ich eher weniger mit Kritikern zu tun, die würden wohl auch gar nicht erst kommen. Meine Patienten sind bisher offen für alternative Heilmethoden, wobei der Erstbesuch manchmal mit einer gesunden Skepsis verbunden ist.
Frau Aschpurwis, könnten Sie bitte unseren Lesern mitteilen, wo Sie als ausgebildete Homöopathin die Unterschiede zwischen Homöopathie und der allgemeinen Schulmedizin sehen? Was kann die Homöopathie, was Allgemeinmediziner nicht können?
Die wohl größten Unterschiede zwischen alternativen Heilmethoden und der allgemeinen Schulmedizin sind die Erstanamnese, die Aspekte der Ganzheitlichkeit (Körper, Geist, Seele) und Individualität.
Die Basis einer homöopathischen Behandlung ist das intensive Erstgespräch zur Erfassung der gesamten Krankheitsbiografie und das dauert in der Regel 1 ½ bis 2 Stunden. Therapeuten und Patienten begegnen sich in dem Gespräch auf Augenhöhe. Erst danach wird ein individuelles Einzelmittel für den Patienten erarbeitet. In einer homöopathischen Behandlung wird zudem auch auf die Lebens- und Ernährungsweise eingegangen und es werden Empfehlungen und Anregungen gegeben, was im Alltag unterstützend getan werden kann, damit sich der Mensch insgesamt wieder besser fühlt.
Dem entgegen steht der Besuch in einer Arztpraxis wie ihn wohl schon fast jeder Mensch erlebt hat: lange Wartezeiten, kurzes Arztgespräch. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, weshalb die Situation in vielen Arztpraxen so ist wie sie ist, trotzdem führt es dazu, dass Patienten sich nicht ernst genommen und weniger gut aufgehoben fühlen. In der Hektik des Praxisalltags kommt es häufig vor, dass ein Symptom schnell in eine Kategorie gesteckt und einem typischen Behandlungsmuster zugeordnet wird – es ist eben eine rein symptombezogene Behandlung. Schneller als man gucken kann, steht man mit einem Rezept in der Hand wieder vor der Tür.
Welche Unterschiede gibt es im Hinblick auf die Medikation?
Bezüglich der Mittel, die verordnet werden, gibt es ebenfalls einen großen Unterschied, zumindest wenn es um leichte und / oder mittelschwere Beschwerden geht: Homöopathische Mittel unterstützen die Lebenskräfte, wecken die Selbstheilungskräfte und behandeln Körper und Geist des Menschen ohne Nebenwirkungen. Ein großer Vorteil bei leichten oder mittelschweren Erkrankungen, bei denen oftmals keine Medikamente mit Nebenwirkungen unbedingt nötig sind.
Dem gegenüber stehen leichtfertig verordnete Medikamente mit vielen Nebenwirkungen. Ganz zu schweigen davon, dass bei einfachen Erkältungen nach wie vor Antibiotika verschrieben werden, obwohl in den meisten Fällen eine Virusinfektion vorliegt und keine bakterielle und damit das Antibiotikum nicht wirken kann.
Anders liegt es selbstverständlich bei schwereren Erkrankungen, die mit Medikamenten behandelt werden müssen, wie z.B. ein Bluthochdruck, schweres Asthma, Krebserkrankungen u.v.m.. Bei schweren Erkrankungen sind der Homöopathie und anderen alternativen Heilmethoden Grenzen gesetzt und sie sollten nur begleitend zum Einsatz kommen, z.B. wenn es um die Linderung von Nebenwirkungen der Medikamente geht.
Letztendlich darf nicht vergessen werden, dass die allgemeine Schulmedizin die Grundlage einer jeden alternativen Heilmethode darstellt. Im Heilpraktikergesetz ist genau geregelt, wann ein Heilpraktiker behandeln darf und wann nicht. Es gibt konkrete Behandlungsverbote und die Sorgfaltspflicht eines jeden Therapeuten gegenüber seines Patienten sollte immer im Vordergrund stehen. Jeder Heilpraktiker sollte die Chancen und Grenzen seiner Heilmethode kennen.
Vielen Dank für das Interview.
Mehr Informationen und Interessantes von der Heilpraktikerin Marnie Aschpurwis
aus den Bereichen Gesundheit, Alternative Heilmethoden, Ernährung, Entspannung, Wellness und Bewegung gibt es auf ihrer Praxis-Homepage oder ihren beiden Gesundheitsblogs: Heathy-Blog und Homöopathie-Blog .
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