1. Startseite
  2. »
  3. Gesundheit
  4. »
  5. Krankheiten
  6. »
  7. Essstörungen im Alter: immer noch ein Tabu

Essstörungen im Alter: immer noch ein Tabu

Essstörungen im Alter: immer noch ein Tabu

Bulimie, Magersucht oder Binge Eating: Essstörungen werden traditionell als Krankheit von Mädchen oder jungen Frauen kategorisiert. Dabei nimmt nicht nur der Anteil der Männer zu, die an Essstörungen erkranken, sondern auch der Anteil von Frauen im mittleren Alter. Besonders Frauen, die in der Jugend erkrankten, können später wieder in alte Muster zurückfallen.

Der krankhafte Kampf gegen das eigene Gewicht kann auch noch oder wieder mit Mitte 40, 50 oder 60 ausbrechen.
Der krankhafte Kampf gegen das eigene Gewicht kann auch noch oder wieder mit Mitte 40, 50 oder 60 ausbrechen.

Bulimie mit Mitte 50

1.849 Frauen im Alter von 50+ wurden bei einer Studie aus den USA 2012 zum Thema Essverhalten befragt. Die erschreckenden Ergebnisse: 3, 5 Prozent gaben an, in den letzten Jahren Binge Eating Episoden gehabt zu haben, rund acht Prozent sagten aus, in den letzten fünf Jahren gezielt erbrochen zu haben und 71 Prozent gaben an, Gewicht verlieren zu wollen. Rund 62 Prozent der Frauen waren der Ansicht, dass ihr Gewicht einen negativen Einfluss auf ihr Leben hätte. Die Frauen der Studie, die vom University of North Carolina Eating Disorders Program durchgeführt wurde, waren im Durchschnitt 59 Jahre alt. Sechs Prozent der Frauen sagten aus, mindestens die Hälfte der letzten fünf Jahre mit Diäten verbracht zu haben und 41 Prozent würden ihr Gewicht jeden Tag überprüfen. Dabei gab ein Großteil der Frauen, die auch im Alter mit Essstörungen und Gewichtsproblemen zu kämpfen hatten, an, dass sie schon in der Jugend unter Magersucht und Co. litten. Die Studie deckt somit auf, was gerne verschwiegen wird: Essstörungen sind nicht altersabhängig.

 

Essstörungen kennen kein Alter

Die Ergebnisse der Studie stehen im klaren Kontrast zur Sicht unserer Gesellschaft auf Essstörungen bei Frauen, wie vor allem Magersucht oder Bulimie, die eine Krankheit der Jugend seien, aus der frau rauswächst. Die Studienleiterin Cynthia Bulik, PhD, die zum Thema auch ein Buch veröffentlicht hat (Midlife Eating Disorders: Your Journey to Recovery), teilt die im Alter erkrankten Frauen in drei Gruppen ein. Dabei leiden vor allem Frauen um die 40, 50 oder sogar 70 an Essstörungen, die auch in der Jugend erkrankt waren. Im Alter kommt es dann zu einem Rückfall. Die andere Gruppe der Frauen leidet seit der Jugend durchgängig an Magersucht und Co. und eine kleinere Gruppe ist erst im Alter erkrankt. Was alle essgestörten Frauen im mittleren Alter jedoch gemeinsam haben: Ärzte übersehen oft ihre Erkrankung. 

 

Geringes Gewicht: Immer positiv?

Aber warum wird bei den älteren Frauen eine Essstörung nicht entdeckt? Wie Denise Folcik, eine 52-jährige Frau, die unter Bulimie leidet, in diesem Artikel der Huffington Post angibt, wird der Gewichtsverlust von Ärzten meistens sogar gelobt, ohne nach den Gründen zu fragen. „It’s ironic because when I was close to my lowest weight, my doctor congratulated me on how wonderful I looked.“ Dabei haben besonders Frauen im mittleren Alter mit ganz neuen Herausforderungen zu kämpfen, mit dem Älterwerden der eigenen Eltern, Scheidungen, Probleme mit den Finanzen oder den eigenen Kindern, die einen Rückfall oder das Entstehen einer Essstörung begünstigen können. Wie bei vielen psychischen Erkrankungen, können auch Essstörungen in Krisensituationen wieder ausbrechen und das ganz unabhängig vom Alter. Darüber hinaus spielt der Druck, auch mit 50 oder 60 noch jung und schlank auszusehen, eine große Rolle.

 

Ein interessantes Interview mit Martina de Zwaan, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen, zu diesem Thema finden Sie auch hier.

 

Bild: ervstock/shutterstock.com

 

Ähnliche Beiträge